essay

 

Künstlerportrait: Ernestine Faux 

Leben und Arbeit von Ernestine Faux

ein Interview von Artistcloseup

 

Künstlerportrait: Ernestine Faux 

Kunsträume | Exhibitions

ein Film von Ramon Pachernegg

KÜNSTLER STATEMENT – FARBRÄUME IM KLANG

Farbe ist eine universelle, non-verbale Sprache, und wir alle wissen ganz intuitive und natürlich, wie man sie spricht.

Farbe dient für mich zur Erreichung eines höheren Ziels um grundlegende menschliche Emotionen hervorzurufen und zu induzieren, eine Form der Übersetzung aus der Komplexität in die Einfachheit. Ich teile in meinen Arbeiten das Ziel einer Kunst, die das menschliche Bewusstsein erweitern und über die Subjektivität jeder Form von Expressionismus oder Illusionismus hinausgehen will.

Diese Kommunikation von und durch Farben führen zu meiner Art der Malerei.

In meiner Arbeit erforsche, beobachte und experimentiere ich mit der kontemplativen Kraft der Farben und deren Klang.

Mein Zyklus CHROMATICS, an dem ich im Jahr 2014/ 15 zu arbeiten begonnen habe ist ein lebhaftes Beispiel für ein Kunstwerk in dem die Komposition bis zu ihrem innersten Zentrum investigiert wird um so; Räume der Farbe im Klang – Klingende Räume in Farbe, zu erschaffen.

Am Anfang jedes meiner Bilder ist der leere, unschuldige Raum des Nichts. Mein Atelier, die Leinwand und ich. Aus diesem inneren, fokussierten Zentrum heraus beginne ich zu malen. Sorgsam ausgewählte Komplementärfarben werden in einzelnen Farbschichten langsam und rhythmisch aufgetragen, bis das Phänomen eines AFTER-IMAGE für mich sichtbar wird. Schaut man zum Beispiel in ein rotes Licht und schließt sofort die Augen, entsteht im inneren Auge ein NACH-BILD und das ist grün. Mir offenbart sich gleichzeitig ein weiteres Phänomen. Sobald die Farbschichten aufgetragen sind, vibrieren sie in ihrer reinsten, leuchtenden Form für mich fast wie Licht. Ich höre da eine summende Tonfrequenz, die ich AFTER-SOUND oder NACH-KLANG nenne wie das den Synästhetikern bekannt ist. Mir geht es darum, durch die Alchemie der Farben eine Klarheit zu erwecken für eine erweiterte Sicht auf eine ästhetische, transzendentale, spirituelle Welt.

Unsere Reaktion auf Farben spiegelt unsere Antworten auf das Leben wieder. Von uns bevorzugte Farben spiegeln Aspekte unseres Lebens wieder in denen wir uns Wohl fühlen. Jene die wir ablehnen korrespondieren mit den Bereichen die wir lieber im Verborgenen lassen möchten. Auch vor uns selbst. Ernestine Faux´s Zyklus CHROMATICS ist ein Portal das es uns erlaubt Zugang zu unserem Inneren zu erhalten.

Dr. Jacob Lieberman, Author, USA

ROOMS OF COLOURS – FIELDS OF LIGHT 

Bilder sind in erster Linie Energiequellen und dann alles andere.
Raimer Jochims

MANFRED MAKRA zu den Bildern von ERNESTINE FAUX

Vor einem Bild der Grazer Künstlerin ERNESTINE FAUX ist man augenblicklich aufgefordert, die Möglichkeiten und die Faszination des Sehens neu zu erforschen. Gelingt es dem Auge, in einen kontemplativen Dialog mit dem Bild zu treten, wird Sehen zum Wahrnehmen und Wahrnehmung zur Empfindung: „einer Empfindung von Farbe und Licht“. Die Hervorbringung dieser Empfindung aus Farbfeldern, Farbräumen und Farbbeziehungen ist nach meiner Sicht sowohl das grundlegende Thema als auch das zentrale visuelle Ereignis in den Bildern der Künstlerin.

Wem es in seiner Malerei um das Thema Licht und Farbe, oder besser „Licht als Farbe“ geht, der hat es im Allgemeinen mit zwei Farbsystemen zu tun, welche in ihrem Wesen ganz unterschiedlich sind – „Gegenstandsfarben“ und „Bildfarben“. Das eine beruht auf Natur (die farbige Erscheinung beleuchteter Gegenstände), das andere setzt Kunst voraus: der Maler kann das Licht nicht reproduzieren, er muss es in die Farben seiner Palette übersetzen.

Auf diese Dualität und, daraus folgend, die grundlegende Verschiedenheit von Natur und Bild, scheint sich Cezanne zu beziehen, wenn er seinem Freund Emile Bernard schreibt: „Das Licht existiert nicht für den Maler.“ Cezanne deutet damit an, dass er als Maler nur die Pigmente seiner Palette zur Verfügung hat, aus denen er alle Empfindungen des Lichts, die er in seinem Bild haben möchte, herstellen und hervorbringen muss. Um dieses Wahrnehmungsfeld zu schaffen, erfindet der Maler einen Bildraum und sucht diesen so zu organisieren, dass im Zusammenspiel der Farben der Schein des Lichtes entsteht.

Die Malerei von ERNESTINE FAUX scheint mir genau in dieser Herausforderung und in diesem Anspruch angesiedelt. Tritt man über die Schwelle ihres Bildraumes, wird man zumeist von einfachen, geometrischen Formen empfangen, einmal präziser, an anderer Stelle sanfter, diffuser ausgeführt: Kreise, Ovale, Quadrate, Rechtecke, Rauten, Wellen, Streifen, Linien, Parallelogramme etc. Diese „basics on form“ zeigen sich jedoch selten als monochrome Flächen, sondern aufgelöst in eine malerisch anmutende Binnenstruktur, vor allem durch deren nuancenreich abgestufte Folge. Schon die Titel der verschiedenen Werkszyklen lassen auf ein ebenso nuancenreiches, emotionales Repertoire der Künstlerin schließen: „glossy colour“, „portals“, „places“, „waves“, „diamonds“, „heart rhythm“ etc.

Gerade weil die primären Themen dieser Malerei Licht und Farbe oder „Farbe als Licht“ sind, reduziert die Künstlerin die Grammatik ihrer Bildsprache auf die Größenordnung der geometrischen Grundformen und arbeitet mit deren relativer Farbwirkung. (Dass und wie eine Farbe eine andere, benachbarte Fläche in sich aufnimmt und modifiziert). Gegensätze wie der von hell und dunkel werden durch die Farbstufung gedämpft und erscheinen in der Einheit der gezeigten Form integriert. Dabei verleiht die feine und nuancenreiche Kontrastierung der geometrischen Elemente den Bildern eine vibrierende Erscheinung. Sie bringt in die ansonst in sich ruhenden und stabilen Bildelemente eine Qualität ein, die den Eindruck einer „Bewegung des Unbewegten“ entstehen lässt. Es scheint auch, als würden die Bilder von ERNESTINE FAUX mehr erhellen, als nur die Wand oder den Platz, an dem sie stehen oder hängen. Dies resultiert wohl aus einem tiefen Wissen und Glauben der Künstlerin um die metaphysische Dimension von Farben und Formen, bzw. ihrer langjährigen Forschung über die Wechselwirkung von „Farbe, Licht und Klang.“

An manchen Stellen könnte man ihre Bilder auch als visuelle Partituren ansehen. Dies verweist auf eine musikalische Komponente, welche das Werk wie von innen zusammenzuhalten scheint. Dies führt uns unweigerlich zum Begriff der Synästhesie, die Fähigkeit, aus Klängen Farben oder Formen abzuleiten und aus Farben Klänge herauszuhören. Alle Bilder der Künstlerin suggerieren ebenso einen geheimnisvollen Tiefenraum, geformt aus einem Schwingungsausgleich zwischen Gewicht und Schwebung, Offenheit und Grenze, Dichte und Transparenz, Bild-Raum und Bild-Zeit.

Die Farbfelder oder Lichtstreifen – auch selbst fundamentale Formen der Malerei – geben den Werken etwas zeitlos Universelles und eignen sich zur Wiederholung. Als Kompositionselemente für den atmosphärischen Bildaufbau unterstützen und konterkarieren sie zugleich den unbeständigen, flüchtigen Charakter der Farbe. Jede Fläche, jeder Streifen, jede Form hat seine eigene Identität. Tritt man zurück, beginnen die Farben zu interagieren. Aus noch größerem Abstand betrachtet, öffnen sich die Felder zu konkret-kontemplativen Harmonien, durchbrochen von subtilen Kontrasten. Ebenso bestimmen Umkehrungen, Wiederholungen, Spiegelungen, Auflösungen und Verdichtungen die kompositorischen Grundlagen dieser Malerei. Trotz geometrisch analytischer Vorgehensweise in der Bildorganisation wird im Malprozess Farbe aber als Freiheit eingesetzt.

Insbesondere da, wo Licht und Dunkelheit einander zu durchdringen scheinen und einen Raum der Dämmerung entstehen lassen, bringt diese Malerei einen Ort des „Schwingungsausgleichs“ (R. Jochims) hervor, an welchem es weder um das Lichte, noch um das Dunkle per se geht, sondern um eine Balance zwischen Erscheinen und Verschwinden. Im Erleben dieser visuellen Sensationen in der Malerei von ERNESTINE FAUX wird einem bewusst, dass die Bilder das Maß ihrer Existenz in sich selber tragen. Sie nehmen den Betrachter auf eine sinnlich-kontemplative Weise für sich ein. Allen, die mit offenen Augen sehen, enthüllen sie gelassen eine Ahnung von der Pracht, zu der das sehen allein den Schlüssel besitzt.